Du hast Resilienz nicht verstanden.
Option A (ganz verkehrt): ich bin stark, mir kann Stress nicht viel anhaben, ich bleibe ruhig auch wenn die Pest in Tüten ausbricht. Option B (besser, aber unvollständig): ich reagiere adaptiv und brilliere unter Hochdruck, kann Emotionen zulassen und mich danach zügig regulieren.
Ich. Ich. Ich. Aber der Mensch ist ein Resonanzwesen und unberührt bleiben vom Horror der Welt ist keine Gabe, sondern Ignoranz. Tatsächlich entwickeln sich Viele gerade zurück und schmälern ihr sog. window of tolerance:
Nicht zu leugnen, die Welt in Polykrise ist unübersichtlich. Nachrichten sind voll von Leid. Jeder 2. Post in meinem Feed beklagt die geopolitische Lage, die hochkommenden Ängste, Manche sogar die Schere zwischen Arm und Reich und die Ausgrenzung vieler Minderheiten. Yay for you! Aber: ich will nicht hören, was Du vorhast, sondern sehen, was Du machst. Und das will auch Dein Nervensystem.
Moderne und Kapitalismus belohnen die linke Gehirnhälfte, Logik, Planen, Muster erkennen. Der fehlt aber rein biologisch der Selbstbezug (daher die guten Vorsätze, die wir oft nicht schaffen). Die rechte Gehirnhälfte ist ein nicht zu versprachlichender Erfahrungsraum, aktiv schon vor der Geburt (links geht erst richtig online mit dem 3. Lebensjahr) und muss fühlen, assoziieren, braucht Körperlichkeit. Und reden über x ist nicht handeln gegen x. Und deshalb geht’s uns oft nicht so viel besser, wenn wir brav unsere Achtsamkeitsübungen machen, indem wir im Kopf bleiben, meditieren. Das ist wichtig, gesund, absolut, aber es ist nicht alles.
Wir brauchen einander, körperliche Nähe, ins Tun kommen, Engagement und ein Anerkennen des kollektiven Traumas, durch das wir gerade und schon viele Jahrhunderte gehen.
Warum schreib ich das? Weil mir in Corporate Menschen begegnen, die „nicht können“, nicht „nicht mehr“, sondern überhaupt gar nicht richtig, wie ihr eigentliches Potential und ihre wirklichen Fähigkeiten es doch erlauben sollten. Weil wir nicht mit Scheuklappen durch die Welt gehen können. Unsere Neurozeption (der Gefahren- und Sicherheitsscanner unseres Nervensystems) können wir nicht austricksen. Und an Armut vorbeigehen, Rentnerinnen mit Pfandflaschen zu sehen, ein Zeitlimit für social media setzen, damit uns nicht zu viel doom beim Scrollen überfällt, bedient nur die linke Hemisphäre unseres Hirns. Aber rechts ist, wo unsere Ganzheitlichkeit wohnt, wo wir wir selbst sind.
Und was jetzt? Es ansprechen, zulassen und eingestehen, dass es sich nicht richtig anfühlt. Sich engagieren, sich öffnen. In diesen beängstigenden Erfahrungsraum reingehen und feststellen, wieviele von uns dort insgeheim längst warten. So entsteht wirkliche Resilienz, nicht bloß für mich als letzter Anker, um nicht davonzureiben im Wahnsinn, sondern für UNS (als Team, Unternehmen, Gemeinschaft und Menschheit). Unaushaltbarkeit braucht Ehrlichkeit und Mut. Fühlen, was ist. Zulassen, dass es schwerer ist als der letzte lustige Workshop mit Atemübungen. Ambiguität führt automatisiert zur kognitiven Dissonanz und wir projizieren nach außen, was im Innen nicht auszuhalten ist. Gemeinsam aber kann man wirklich etwas bewegen, gesunde Organisationen schaffen, Ungerechtigkeit eliminieren - es müssen nicht alle gut werden, es braucht nur eine kritische Masse, die das Schlechte nicht mehr einfach übersieht.
Nett sein ist sexy! Was fürs Herz und was fürs Bett.
Wer….[etwas] möchte, muss freundlich sein - kennt man. Stimmt sogar biologisch! Einige haben schon von Oxytocin gehört, dem umgangssprachlichen Liebes- und Kuschelhormon, das seit der frühen Bindungsforschung eine große Rolle spielt. Man dachte früher, es sei wichtig für den Geburtsvorgang, die erste Nähe zwischen Säugling und Mutter und den Beginn des Stillens. Wie die Natur aber so ist, ist selten etwas, das sich im ganzen Körper (in allen Geschlechtern!) befindet nur für eine Sache gut.
Oxytocin wird ausgeschüttet, wenn wir jemanden liebevoll berühren oder küssen, wenn wir mit unseren Kindern spielen oder ein Tier streicheln. Und sogar, wenn wir einfach nur nett sind. Und es gleicht einer inneren Hausapotheke - stärkt das Immunsystem, senkt den Blutdruck, beschleunigt Heilungsprozesse, verbessert kognitive Leistungen, senkt Entzündungswerte, was will man mehr? Ah richtig, den sexy Part. Fließt Oxytocin, werden wir als attraktiver wahrgenommen. Und es regt die Produktion von Stickstoffmonoxid an, das die Blutgefäße erweitert und so - nicht zu vernachlässigen - eine Erektion ermöglicht.
Die Studie, die zeigt, dass viel Erfolg und Reichtum unempathisch machen, habe ich schon vor einigen Wochen vorgestellt. Dass nun Freundlichkeit nicht nur unser Gegenüber freut, sondern auch gesund ist, ergänzt diese Perspektive recht gut. Uns geht es gut, wenn wir ausgeglichen und in unserer Mitte sind. Insbesondere auf Neurotransmitter- und Hormonebene. Dahin gelangen wir über die Fähigkeit der Emotionsregulation.
Immer auf 180, im Wettbewerb, laut und DAGEGEN! sein, noch ne Schippe drauf legen und Gas geben bis zum Umfallen ist ähnlich ungesund wie laufend auf minus 10, isoliert und innerlich leer durch die Welt zu stapfen. Beides verlangt nach Regulation des Nervensystems. Die korreliert nämlich nachweislich mit Zufriedenheit, Gesundheit und unserer Fähigkeit zu entspannen, Stress zu händeln, uns zu erholen.
Das wiederum zahlt ein auf:
Und dafür braucht es? alles! In Maßen. Gesunden Stress (Eustress) als Herausforderung, Bewegung, Sinn in unseren Aufgaben, Verbundenheit mit Anderen (körperliche Nähe wie auch geistige Augenhöhe), Erholung und Sicherheit, kreative Outputs, Zeit in der Natur, Selbstentwicklung und vor allem ein Aufarbeiten vergangener Prägungen (denn keine Zielerreichung ohne Startpunkt).
Noch kurz die Biologie, für die, die es interessiert: Die sexuelle Erregung lässt die Nervenenden Stickstoffmonoxid abgeben, die blutführenden Arterien erschlaffen, der Schwellkörper füllt sich mit Blut, was auf die Venen drückt und so den Rückfluss verhindert. Das sog. Endothel (die Arterienwände) wird durch die weitere Erregung und das eNOS-Enzym „unter Druck“ gehalten und wir können idealerweise so lange Spaß haben, wie wir eben wollen.
Es ist so viel und es wird noch mehr und es hört auch nicht auf
Kalender füllen, Listen schreiben, Häkchen setzen, Screentime, Schlaf und Schritte zählen, in Bewegung bleiben (Stillstand ist Rückschritt), optimistisch bleiben (niemand mag Miesmacher), diplomatisch bleiben, weglächeln, durchziehen, tough sein..und aber auch: Dankbarkeit üben, mehr Gemüse essen, kleine Freuden schätzen, mit Milde urteilen, sich selbst nicht so ernst nehmen, Akzeptanz für Unveränderbares und Mut fürs Unbekannte aufbringen; sich auch mal was gönnen, pünktlich ins Bett gehen, die Partnerin oder den Partner lieben, moralisch integer (aber nicht dogmatisch!), Hobbies pflegen, Ressourcen schonen, an Andere denken, Bücher lesen und mehr spazieren gehen. Toll!
Und? Isses toll? Oder isses einfach nur unfassbar viel und es hört und hört nicht auf? Die Welt wird immer schneller und lauter und schlimmer, alte Wunden klaffen tief und zwischendurch ist nichts, aber auch gar nichts ein Trost, denn die Menschheit ist verloren und man selbst auch nicht viel besser dran. Zweiklassengesellschaft beim Arzt, Ausländerfeindlichkeit ist salonfähig, die reichsten 10% in Deutschland besitzen über die Hälfte allen Vermögens, jedes 4. Kind ist von Armut betroffen. Und der Rücken oder Kopf oder Magen tut weh und schlafen tu ich auch schlecht.🪓
Doch halt! Man ist hier in Deutschland, gesegnet, in gemäßigtem Klima, in Demokratie und Rechtsstaat, womöglich auch hübschen Nachbarschaft; Kinder haben einen Kitaplatz, es gibt eine Krankenversicherung und wer das hier ließt, gibt dem Nachwuchs vermutlich die eine oder andere Aufstiegschance mit. Und fühlt sich jetzt schlechter, weil der globale Süden, kolonialisiert und ausgebeutet, so wie der Holocaust für so Vieles unseres heutigen Reichtums verantwortlich ist. Und fühlt nun ein bisschen Wut, denn das waren ja die Vorfahren und irgendwann ist auch mal gut? Und fühlt dann doch noch mal Scham, denn Manches ist einfach nie wieder gut.
Die Welt brennt, Krankenhäuser werden zerbombt, Lobbyisten streichen Gesetze zusammen und wir praktizieren [trotzdem] self-care. Das Umfeld ist hilfsbereit, liebevoll; wir haben keine Existenzängste und verfallen [trotzdem] in Depression. Wir wissen, was uns gut tut und halten uns den Spiegel vor, auf dem dann doch nur wieder die 3. Line Ko*s liegt. Wir wissen, wem wir Unrecht tun und projizieren doch das Ungemach in ihn oder sie. Wir wissen, dass die Wahlurne nicht der einzige Ort ist politisch aktiv zu sein. Wir wissen, dass Strohhalme recyceln nicht die Fernreise wett macht. Wir wissen, dass wir sterben werden.
Und wie geht’s uns damit so? Schlecht? Noch zu gut? Welche Ängste kommen hoch? Und welche Hoffnungen? Und wenn ich jetzt was verändere, was passiert dann und wie halt ich diese Ungewissheit aus? Wo sind all die tiefen Verbindungen hin? Wann bin ich endlich mal wirklich berührt? Warum kann ich mich so schlecht einlassen? Oder warum endet jedes Einlassen in Selbstaufgabe?
Selbstwirksamkeit und Emotionsregulation zum Sofort- und Selberfühlen
Sitzt Du gerade? Ausgezeichnet, wir machen was Gesundes! Direkt zur Übung um dem 90-Sekunden-Aha-Effekt? Scroll nach unten. ⬇️
In sich hineinspüren können ist trainierbar und notwendig. So wie Neurozeption unseren Gefahren- und Kontextscanner im Außen abbildet, ist unsere Fähigkeit, körperliche Signale zu lesen einer unserer unbekannteren Sinne namens Interozeption. Warum wichtig? Erst, was in mein Bewusstsein gelangt, kann ich auch ändern. Und erst, was ich differenziert wahrnehme, kann ich präzise bearbeiten. Vergleiche: ein Auto hat Getriebe, Räder, Karosserie und Innenteil - mit diesem Kenntnisstand bin ich kein Mechaniker. Muss ich auch nicht sein, weil es dafür fähige Menschen gibt. Den eigenen Gemütszustand, unsere Art auf Stress zu reagieren und unsere Regulationsfähigkeit kann allerdings niemand von außen für uns reparieren.
Nicht Dein Umfeld, Deine Umstände, Dein Arbeitspensum sind Grund für Deinen Zustand, sondern Du und Dein Umgang mit eben diesem. Menschen können Unfassliches leisten und Schreckliches überleben und gelassen daraus hervorgehen. Ja, manch lange Arbeitswoche ist zu viel - deshalb kriegt aber längst nicht jede:r Burnout. Uns erholen zu können ist ein famoses Feature unseres Körper, das alle kennen, die sich schon mal geschnitten oder sonst wie verletzt haben und zack, nach x Tagen ist alles wie neu. Optimal heilen, Entzündungswerte ausgleichen, uns effektiv regenerieren nach Höchstleistungen, alles eine Frage des Nervensystems.
🌟 Hier die Übung (ca 90 Sekunden, schafft niemand nicht, versprochen)
Bequem sitzen und locker atmen. Dabei tief und lang ausatmen. Drei mal, folge dem Atem mit der Aufmerksamkeit. Jetzt lehnst Du Dich nach vorne, belastest die Zehen, die Fersen heben leicht ab, Du atmest weiter. Wohin fließt der Atem jetzt? Drei mal. Und jetzt zurücklehnen, anlehnen und die Fersen belasten. Die Zehen heben ab. Wohin fließt der Atem jetzt? Ich bin mir 99% sicher, dass Du einen Unterschied wahrnimmst in den verschiedenen Haltungen. Vielleicht ist sogar eine angenehmer als die andere. Damit hast Du gerade nicht nur Interozeption geübt, sondern auch Deine Selbstwirksamkeit gestärkt: Ich kann etwas verändern und es fühlt sich dann besser an, tadaaah! Gehirn lernt sukzessive „ich bestimme meinen Zustand selbst."
Wie alles von rückwärts einparken über Kartoffeln schälen bis zum Mitarbeitendengespräch ist das hier Übungssache. "Aber wenn ich nun all das selber machen muss, wozu dann die Therapeutin?" Weil auch Automechanik gelehrt werden will. Und manche alten Themen mit ihren ungesunden Mustern es uns fast unmöglich machen, ganz allein das Ruder rumzureißen
Wissen um etwas und das Anwenden von etwas sind erfahrungsgemäß nicht das Gleiche. Andere erzählen Dir „tu jenes“, ich arbeite mit den Anteilen von Dir, die dazu schlicht keine Lust haben.
Unverbundenheit.
Die Städte, die Feeds, der Markt - alles wird dichter, überlaufen, häufig beliebig. Was auch wächst: die Einsamkeit. Oben wird die Luft bekanntlich dünner und nicht jeder kann ein Häuptling sein, aber wenn Führungskräfte nurmehr in ihrer eigenen Echokammer sitzen, verliert sowohl die Führung als auch die Kraft.
Wem erzähl ich von den Entscheidungen, die keiner fällen will? Mit wem mach ich sparring, wenn ich keine Zeit für Freunde habe? Wo ist meine Familie die ganze Zeit ohne mich? Und wie und wer bin eigentlich ich? Der Mensch ist ein Resonanzwesen und wir begegnen Anderen immer nur in der Tiefe, in der wir uns schon selbst begegnet sind - und das braucht Mut. Und Viele hier kennen bestimmt die Studie, dass ein Hügel weniger Steil wahrgenommen wird, wenn wir ihn mit einem Freund betrachten. (Falls nicht, s.u.).
Ich bin also mutiger, wenn ich nicht allein bin. Logisch. Und ich kann auch besser denken und kreativere Lösungen finden, wenn ich mich austausche. Ach was! Und ich kann besser schlafen, verdauen, verstoffwechseln, bin motivierter, sicherer, freundlicher, gepflegter. gesünder (Menschen vernachlässigen sich, wenn sie nicht mehr in der Gesellschaft integriert sind - siehe Depression) und - Überraschung (nicht): ich lebe länger. Harvard University Studie ebenfalls garantiert bekannt zum Thema Langlebigkeit und einem Leben, in dem das Blut singend tanzt, wenn es Dich durchfließt.
So weit, so klar. Aber? So schwierig auch. Versunken aufs Telefon starren, Menschen durch Displays sehen - Dating, Einkaufen, Fortbildungen; alles geht alleine. Die Fragen remote und hybridem Arbeiten mit immer der gleichen Leier (unsere Mitarbeitenden sind keine Kinder und wir vertrauen ihnen, hurra. Unsere Mitarbeitenden müssen aber auch mal ihre Kollegen sehen für Teamspirit, völlig richtig. Unsere Mitarbeitenden haben eigentlich keine rechte Lust und wir glauben, dass sich das durch Anwesenheitspflicht ändert, haha, okay.)
Danke, Captain obvious, worum geht's hier also? Ums Sprechen, um den Austausch, und um den Impuls seine eigenen Unverbundenheiten anzuschauen (zur Vergangenheit, Gesellschaft, zum Zeitgeist - aber auch zu sich selbst, zu seinen täglichen Aufgaben (Hamsterrad anyone?), zur Idee von Liebe und Beziehung). Und das kann weh tun. Und jedes verdammte unangenehme Gefühl am Tag ist ein ganz toller Hinweis, bitte was zu ändern. Und jedes Symptom (Rücken, Nacken, Verdauung, Heißhunger, Herzrasen, Suchtverhalten) erst recht.
Sich dazu zu sammeln und den Gedanken zuzulassen, es könnte und sollte besser sein, dazu lad ich ein. Den Spiegel vorhalten, mit all der Liebe, die es braucht.
Ausgestreckte Hand, offene Arme, Verständnis bis zum Erbrechen. Ja, man kann viel nicht einfach ändern und man muss dauernd etwas tun und weiß eigentlich eh, was einem ehrlich besser täte. Und dann muss man sich noch schützen vor der Weltlage, seinen Job machen und sich selbst optimieren. Das ist viel. Wer dazu mal reden will, hit me up.
Freundschaft.
Du, lieber Florian, kennst mich schon fast die Hälfte meines Lebens, kennst die Täler und Schattenseiten und hast schon immer das Licht gesehen, das irgendwann zu strahlen begann.
Warum schreibe ich das online, auf LinkedIn, im Businesskontext? Weil es eine Macht gibt in der Verbindung von Menschen, die auf einer reinen Freiwilligkeit, auf unfordernder Liebe und auf bleibenden Gemeinsamkeiten beruht. Und manchmal müssen die Ohren hören und die Augen lesen, was Mund und Herz zu sagen haben. Freundschaften sind ein Ressort für vertrauensbildende Maßnahmen, für Fehlerkultur, Potential - denn die Kraft, die einem innewohnt, muss man (und kann man oft) nicht selber sehen und doch wächst sie mit jedem Jahr, das jemand nicht geht. Und so wie ich privat bin, so bin ich eben (unbewusst) auch in meinem Job.
Verbindungen kommen ohne Garantie; sollen neben allem Wohlgefühl auch Arbeit und Entwicklung sein und brauchen ihre Pflege, ihre Wertschätzung und in manchen Fällen auch ihr gesundes Ende. Das Bindungsthema lebt in uns bis ins hohe Alter und das Bindungssystem - neuronal betrachtet - ist das gleiche, das auch in der Kindheit aktiv ist. Wer da womöglich ein Thema hat (oder zehn), und Schwierigkeiten sich einzulassen oder auch loszulassen, der findet in einer wahren Freundschaft die Gelegenheit zum reparenting. Und wer dazu Fragen hat, findet Psychotherapie und Beratung die Gelegenheit, zuerst aufzuräumen und die Verantwortung zu übernehmen für manche Ungerechtigkeiten unserer Vergangenheit, um ein schlichtweg besserer Mensch zu sein.
Kann uns keiner abnehmen.
Hierbei das Gegenüber sein zu lassen, es nicht als Ventil oder Therapeut :in umzufunktionieren; es zu tragen, wenn nichts mehr geht und sich zu freuen, wenn es siegt (auch und gerade in Kämpfen, die man selbst gern besser führte), erlaubt Wachstum. Und ich kann jemandem nur in der Tiefe begegnen, in der ich mir selbst schon begegnet bin. Es lohnt sich, egal wie spät im Leben, die Hand auszustrecken und sich auf den Hosenboden zu setzen und die Themen zu bearbeiten, die man rumschleppt. Das macht Freude, das macht gesund, und das macht, dass einem Menschen irgendwann vollkommen random begegnen und bereit sind sich einzulassen mit Haut und Haaren. Und wenig ist eine so effektive Ressource wie die sog. Positivitätsresonanz, auch Bekannt als Mitfreude.
"Wenn ich auf meinen Körper höre, kann ich mir meine Zielerreichung abschminken."
↳ Wenn die Zielerreichung nicht der frühere Tod ist, kann ich Dich beruhigen. Niemand drückt in der Zusammenarbeit mit mir einfach auf die Pausetaste und kümmert sich erst mal so richtig schön nur um sich selbst, während im Team die Brände lodern. Anhand des aktuellen Workloads definieren wir gemeinsam eine machbare
1. Priorisierung, 2. Umstrukturierung und 3. Kommunikation - team- und lösungsorientiert, humanistisch, multimodal. Dies ist möglich in mehreren Wochen mit Intensives/Deep Dives, in wenigen Monaten mit konzentrierter Zeit in zB der parlamentarischen Sommerpause oder zwischen zwei Projekten, und auch als längerfristige Begleitung über ein halbes oder ganzes Jahr.
"Unter Druck lauf ich erst so richtig zu Höchstleistungen auf"
↳ Wirklich? Oder kennst Du einfach seit Jahren keine andere Art der top Performance als die der non-stop Meetings, des vollen Kalenders, des Multitaskings auf Kaffee und Proteinriegel? Der Mensch ist keine Maschine und wächst nachweislich über sich hinaus, wenn die Akkus voll sind.
Irgendwie logisch, trotzdem gönnen sich Viele erst Ruhe oder eine "Belohnung", nachdem etwas erreicht wurde - als würde man Blumen erst Wasser geben, wenn sie schön genug blühen.
"Das ist in unserer Branche halt so."
↳ Hach ja, die berüchtigte Werte-Arbeit der Psychologie. Dinge hinterfragen, Zustände betrachten.
Wie ist das denn genau "halt so in unserer Branche" - aus welchen Perspektiven? Und soll das so sein? Und wenn nicht, was bedeutet das?
ALLES, WAS IST, KANN AUCH ANDERS SEIN.
"Ich dachte immer, wenn ich im Beruf 100% gebe und wirklich hart an mir arbeite, erfolgreich werd und die gängigen Regeln befolge (Sport: ja, Zucker: wenig, Rauchen: pfui, Schlafen: supi, Screentime: runter, gerne frische Luft), dass das so viel ausmacht, dass mir der Rest nicht so fehlt.."
"Der Rest?" "Naja, mein Leben.."
Oh man. In den darauffolgenden Sitzungen haben wir dieses Leben kartiert - was da ist, was fehlt, was wichtig ist (und wem das wichtig ist; mir? Meinen Eltern? Dem gesellschaftlichen Konsens?). Und Veränderung dann auch bedeutet. Systemisch mit all den Konsequenzen, die eine jede Entscheidung und Nichtentscheidung mit sich bringt.
Dieses verantwortungslose Drauflos-Coachen mit Hauruck und SchnellSchnell ist aus psychologischer Sicht eh suspekt, wenn auch nachvollzieh-, weil vermarktbar. Problem -> Lösung -> rinse & repeat. Aber so isses nun mal nicht, sagt mein magic eightball, weil jede Lösung uns an einen Punkt bringt (was schon mal gut ist, wenn wir vorher an einem schlechteren Punkt waren), an dem das Spiel dann von vorn beginnt. Wer das Buch Flächenland kennt, kann an dieser Stelle gut folgen.
Integration als Schlüssel. Wie lang dauert Transformation dann wirklich? Und jetzt sag nicht "das kommt drauf an"...tja. Wer nach 10 Jahren Yoga, einem Sabbatical zur Selbstfindung und mehrfacher Psychonauten-Erfahrung vom Ziel der Integration spricht, wird deutlich anders mit mir arbeiten, als jemand, der 5 Jahrezehnte lang
immer.
nur.
funktionieren.
muss.
Wer wenig Wahlmöglichkeiten hatte auf dem Weg ins Erwachsenenleben, wer keine guten Erfahrungen gemacht hat mit anderen Menschen, dem eigenen Körper, mit dem Fühlen von Dingen oder (Schockschwerenot) dem Sprechen vom Fühlen von Dingen, der bekommt und verdient Zeit.
Wie lange also? Drei Monate. Für den Anfang. In dieser Zeit wird der Grundstein gelegt für ein brandneues Leben. Oder es findet zusammen, woran man schon Jahre rum-optimiert. Oder es entsteht daraus die Kraft, eine nötige Entscheidung zu fällen, einen Verlust zu akzeptieren, Bewegung ins System zu bringen. Drei Monate sind eine realistische Zeit, auf neuronaler Entwicklung anzustoßen. Wie intensiv die Taktung ist und wie die follow ups aussehen? Flexibel und individuell.
Wer durchzieht, sich einlässt, aufmacht, der schafft auch viel. Wer an starren Erwartungen klebt und laufend Termine "wegen Terminen" storniert, schafft alsbald Platz auf der Warteliste. Wenn man gerade einfach nicht _kann_, rückfällig wird, scheitert, Angst hat, dann versteh ich das wie kaum jemand, versprochen. Wenn man aber keinen Bock hat und nur kommt, weil die Firma zahlt, dann danke, aber nein danke.
In den nächsten Wochen gibt's ein paar Einblicke in meine liebsten Fälle und meine Arbeitsweise - Türen und Herzklappen stehen offen. Online und vor Ort in Berlin.
"Ich schau einfach keine Nachrichten mehr.." Bitte was?? Bitte nicht.
Spaltung, Angst, Missgunst, Polemik, Radikalisierung - minütlich in jedem Newsticker und wahrlich schwer auszuhalten. Umso wichtiger, das Aushalten zu üben. Nicht andauernd, nicht über Gebühr, kein doom scrolling. Aber eben auch nicht gar nicht.
Widersprüche, andere Meinungen, tatsächliches Unrecht - wird's immer geben, wird auch noch mehr die nächste Zeit: Klimakrise, Geopolitik, gesellschaftliche Spaltung, individuelle und kollektive Einsamkeit, Polykrise galore. Und das nach Jahrhunderten kollektiven Traumas von Kriegen, Kolonialherrschaft und Unterdrückung.
Und dann sagen mir nicht unreflektierte Menschen, sie würden sich jetzt halt "auf sich besinnen", gärtnern, stricken, einfach mal von ner Berghütte aus arbeiten. Ein Privileg, dass es kracht, liebe Familie Biedermeier. Je mehr man hat desto unempathischer wird man übrigens, in Studien nachgewiesen. Und Empathie korreliert neuronal mit unserer Interozeptionsfähigkeit, also unserer Fähigkeit, in uns hinein zu fühlen und differenziert wahrnehmen, annehmen (und erst dann regulieren) zu können, wie es uns geht. Und darum geht's uns doch so oft - unsere Innenwelt verstehen, verbessern, mehr wohlfühlen, weniger müssen. Das ist verwerflich noch überraschend, ich möcht schon auch öfters mal, dass es mir gut geht und ich mich entwickle. Aber: Bitte nicht abtauchen, bitte nicht noch mehr Ego. Bitte engagieren, bitte Ressourcen teilen, abgeben und annehmen und bitte, bitte hinsehen, den Mund aufmachen, die Stirn bieten.
Viel günstiger als retreats zur Selbstfindung, viel klüger als spiritual bypassing und langfristig viel wohltuender als die schnelle Vogel-Strauß-Technik. Wie soll die Welt sonst werden? Um großzügig, nachsichtig, offen und optimistisch zu sein, muss ich erst mal überhaupt das Sein hinbekommen - und zwar außerhalb der eigenen Bubble und außerhalb der Wattewelt, die der Westen Einigen hier ermöglicht.
Rein in die Abwärtsspirale: Lauter, fieser, abschätziger - das bringt Presse, die diese Visionslosigkeit auch noch belohnt. Geringe Anerkennung für soziale Berufe, eine Sündenbockpolitik, die die Schwächsten ins Visier nimmt, Abstiegsängste, erlernte Hilflosigkeit. Wenn sich schon die Wohllebigen in ihre Cocons flüchten müssen, was bleibt dann der ärmeren Hälfte der Welt? Oder ist das dann egal, so mit ausreichend großen Scheuklappen?
Isses nicht. Für jeden Einzelnen bedeutet dieses Leben mehr..
Stress mehr Sorgen und damit mehr Risiken zu erkranken (und der Körper ist doch inzwischen ein Tempel dot com). Das Nervensystem kann nicht einfach "wegschauen", denn es ist für das Gegenteil gebaut (das nennt sich Neurozeption, dazu nächstes Mal mehr).
Deshalb wissenschaftlich fundiert und fließend fremdwortfrei zusammengefasst: Ein bisschen weh tun, tut gut. Ein bisschen Schrumpfen lässt Wachstum zu. Und weniger Ich ermöglicht ein schöneres Ich.
Und erst wer sich kennt, kann sich optimieren. Heute: Thema Bindungstheorie.
Beispiel: Die CEO unterbricht wiederholt den Vortrag des CFO. Der CFO, innerlich kochend, zieht sich zurück und präsentiert nur noch das Nötigste. Am nächsten Tag fehlen wichtige Zahlen für die Entscheidung. Was hier passiert ist: Die Bindungssysteme haben übernommen, denn sie überschreiben unter Druck IMMER jedes rationale Handeln, wenn man nicht an ihnen gearbeitet hat.
Die CEO (vermeidender Typ) fühlt sich unwohl bei zu vielen Details und unterbricht als Schutzreaktion. Der CFO (ängstlich-ambivalent) interpretiert dies als persönliche Ablehnung und zieht sich zurück, um nicht noch mehr "Ablehnung" zu erfahren.
Die 4 Bindungstypen in Corporate
1. Sicherer Bindungstyp: Du kannst Kritik annehmen, ohne in die Defensive zu gehen. Feedback ist für eine Chance zu wachsen und kein persönlicher Angriff. Gelassenheit und Resilienz sind Deine Stärken.
2. Ängstlich-ambivalenter Typ: "Hast du kurz Zeit?" Die harmlose Frage deines Vorstandsvorsitzenden lässt dich sofort das Schlimmste befürchten. Du checkst ständig, ob alle im Team zufrieden sind und überkompensierst mit Erreichbarkeit rund um die Uhr.
3. Vermeidender Typ: "Details klären wir später" ist das Motto. Emotionale Team-Meetings sind ein Graus, lieber delegierst Du solche Gespräche. Dein Führungsstil ist ergebnisorientiert, aber manchmal etwas distanziert. Nahbarkeit fällt schwer, was dein Team als Kälte missversteht
4. Desorganisierter Typ: Heute lässt Du völlige Autonomie zu, morgen geht's ins Micromanaging. Wer bist Du morgen? Unterstützende:r Mentor:in oder kontrollierende:r Kritiker:in?
Frühe Bindungserfahrungen sind der Basiscode unseres Betriebssystems, der im Hintergrund läuft und Reaktionen auf Stress, Konflikte und Nähe steuert – unbemerkt. Das Gute: Dieses System ist in jedem Alter wandelbar und neue positive Erfahrungen dürfen alte Mängel überschreiben. Für ein neues Führungsnarrativ. Welcher Typ Du bist und wie es dazu kam? Finden wir raus!
Business-Reengineering fürs emotionale Betriebssystem:
↳ Trigger-Situationen im Business-Kontext identifizieren
↳ gekoppelte frühe Erfahrungen aufdecken
↳ neue, bewusste Reaktionsmuster etablieren
↳ Das Unterbewusstsein zu strategischer Stärke transformieren
Weg vom Autopilot, hin zur Führung mit emotionaler Klarheit. Das muss übrigens gar nicht unterm Deckmantel der Therapie laufen, denn man muss nicht kaputt sein um besser werden zu dürfen.
Die Wissenschaft dazu: Die Studie von Harms et al. (2011, University of Nebraska) untersuchte den Zusammenhang zwischen Bindungsmustern und Führungsverhalten. Kam raus: Führungskräfte mit sicheren Bindungsmustern zeigen höhere emotionale Intelligenz, bessere Konfliktlösungsfähigkeiten, mehr Resilienz in Krisensituationen und schaffen mehr psychologische Sicherheit in Teams – der zentrale Faktor für Innovation und Performance.
Zur Aktivierung des Vagusnervs*
1️⃣ drücke Deine Zunge gegen den Gaumen, tief durch die Nase einatmen, laaaangsam durch den Mund aus
2️⃣ massiere den Übergang von Kiefer zu Ohr
3️⃣ wenn Dich gerade niemand hört oder es Dir einfach egal ist: Summen aktiviert den Vagus ebenfalls, mindestens 20 Sekunden
4️⃣ Summen reicht nicht und Du willst eigentlich schreien? -> kurz ins Bad gehen und 1 Minute gurgeln
5️⃣ tief einatmen in den Bauch und langsam mit einem Geräusch wie ein Dampfer ("whoooooooooooooo") ausatmen, sodass eine Vibration in Brust- und Bauchraum und Hals zu spüren ist - drei mal
Besser, aber noch nicht gut? -> Schreib mir!
*Hauptteil des parasympathischen, also des beruhigenden Teils des Nervensystems - als Gegenstück zum Sympathicus, der für Aktivierung und den Flucht-Kampf-Reflex zuständig ist. Er steuert uA unsere Stimmmodulation, Mimik und unser Gehör und verläuft als zehnter Cranialnerv genau dort lang und am Herz vorbei Richtung Solar Plexus und Verdauungstrakt - er heißt Vagusnerv, weil er der wandernde Nerv (Vagabund) ist.
Stress easy händeln, Entscheidungen mit Entschlossenheit fällen, konzentriert, motiviert und lösungsorientiert.
Klingt gut? Geht auch gut! Und zwar dann, wenn wir ausgeglichen (also unsere Grundbedürfnisse und psychologischen Motive erfüllt) sind.
Sinnbild dazu: wenn ich ein Pendel bin und stets in Richtung x strebe (Erfolg, Leistung, Außenwirkung, aber auch Imposter-Rolle oder People-Pleasing), brauche ich Kraft. Wenn ich meine Mitte finde mit all meiner Zufriedenheit, meiner optimalen Leistungsfähigkeit, meiner beruflichen Erfüllung und auch meinem privaten Glück, kann ich dort verweilen und sein und mich entwickeln ganz ohne Anstrengung*.
1) Aufdecken und differenzieren: was will ich WIRKLICH?
2) Kräfte einsparen**, die mein Pendel aktuell in Bewegung halten
3) Narrative Integration - im Denken, Verhalten, Fühlen und Sein
*Heißt übrigens nicht, dass es nicht anstrengend sein wird - es wird sich boß richtig anfühlen und damit auch Schweres leicht machen. Die Kraft fließt in die Themen, nicht mehr in die Bewegung des Pendels.
**Stressmanagement, Emotionsregulation, Beziehungen und Lebenswandel optimieren - ganzheitlich und nachhaltig
Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie sehr ich mich selbst verraten habe in meinem alten Beruf, wie wenig ich abrücken konnte von Erwartungen (aus der Vergangenheit, aus meinen Glaubenssätzen, aus der Gesellschaft) und wie schwer jede kleine Krise und mittlere Herausforderung wog. Und das muss nicht sein.
Reflexionsimpulse
1️⃣ Erfüllt Dich Dein Beruf - oder erfüllt er seinen Zweck?
2️⃣ „Du passt hier so richtig her“ sagt Dir jemand in Bezug auf eure gelebte Unternehmenskultur - ist das ein Kompliment?
3️⃣ Dein tatsächliches, zukünftiges oder imaginiertes Kind hat später mal eine:n Partner:in genau wie Dich - wäre das gut?
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